Gesundheit
Eine hohe Arbeitsbelastung und ein überdurchschnittlich hoher Krankenstand in der Pflege machen Strategien gegen körperliche und psychische Gesundheitsbeeinträchtigungen erforderlich. In den Pflegeeinrichtungen ist der häufige vorzeitige Berufsaustritt aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen ein ernstzunehmendes Problem. Dies zeigt die Notwendigkeit und das Potenzial gesundheitsförderlicher Konzepte – insbesondere zur Personalbindung.
In der Krankheitsprävention wird zwischen verhaltens- und verhältnispräventiven Ansätzen differenziert. Aus gesundheitswissenschaftlicher Sicht gilt dabei der Grundsatz: Verhältnis- vor Verhaltensprävention. In der Praxis jedoch stehen meist verhaltenspräventive Maßnahmen (z. B. rückenschonendes Arbeiten) im Fokus, die deutlich häufiger genutzt werden als verhältnispräventive Maßnahmen (z. B. systematischer Tätigkeitswechsel).
Zwar wird das Potenzial einer gesundheitsförderlichen Arbeitsplatzgestaltung von den Führungskräften erkannt. Trotzdem variiert der Umsetzungsgrad in der Praxis: Teilweise werden Angebote der Gesundheitsförderung zwar als „wirksam, aber nicht umsetzbar“ eingeordnet. Darüber hinaus unterscheidet sich die Umsetzung je nach Pflegesetting, wobei insbesondere ambulante Pflegedienste ein geringes Angebot vorhalten.
Zentrale Projektergebnisse
- Je höher die Arbeitsbelastung beim Pflegepersonal ist, desto höher sind die Fehlzeiten.
- Je größer das Problem vieler Fehlzeiten und Krankentage bewertet wird, desto häufiger ist die Einrichtung mit vorzeitigen Berufsaustritten aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen konfrontiert.
- Beim Pflegepersonal zeigt sich ein Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Arbeitsbelastung und den gesundheitlich bedingten Berufsaustritten: Je größer die Arbeitsbelastung bewertet wird, desto häufiger ist auch hier die Einrichtung mit vorzeitigen Berufsaustritten aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen konfrontiert.
- Unterstützung zur Bewältigung körperlicher Anforderungen ist in den Einrichtungen häufiger implementiert als für psychische Belastungen.
- Ambulante Pflegedienste bieten seltener Maßnahmen zur Gesundheitsförderung an als langzeitstationäre Pflegeeinrichtungen.
Handlungs-
empfehlungen
- Achten Sie darauf, regelmäßig eine psychische und physische Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze durchzuführen, denn sie sind die Grundlage für gesundheitsförderliche Angebote.
- Integrieren Sie systematisch in die Unternehmensprozesse Angebote zum Erhalten der psychischen Gesundheit und der körperlichen Gesundheit.
- Zeigen Sie Ihren Mitarbeitenden und dem Kollegium, dass Verhältnissprävention (technische Hilfsmittel, systematischer Tätigkeitswechsel etc.) ebenso wie verhaltenspräventive Maßnahmen (Rückenschule, Sportangebote etc.) einen hohen Stellenwert besitzen und das Nutzen dieser Angebote gewünscht ist.
- Nehmen Sie die Beratung und Unterstützung von Expertinnen und Experten in Anspruch. Berufsgenossenschaften und Krankenkassen beraten und unterstützen Sie kompetent bei der Integration gesundheitsförderlicher Angebote in Ihrer Einrichtung.
Projektbezogene Publikation
- Boscher, C.; Raiber, L.; Fischer, F.; Winter M. H.-J. (2020):
Einsatz und Erfolg gesundheitsbezogener Maßnahmen zur Personalbindung in der Pflege: Ergebnisse einer schriftlichen Befragung von Führungskräften aus der Region Bodensee-Oberschwaben.
Gesundheitswesen 83(08/09): 611-618.
Weiterführende
Informationen
Praxisbeispiel
In dem Modellprojekt „EmpCare – Pflege für Pflegende: Entwicklung und Verankerung eines empathiebasierten Entlastungskonzepts in der Care-Arbeit‟ wurde ein wissenschaftlich fundiertes Konzept zur Entlastung von Pflegefachpersonen hinsichtlich emotionaler Anforderungen entwickelt. Empathie als Ressource soll die Pflegenden stärken, Belastungssituationen im Arbeitsalltag entschärfen und folglich psychosomatischen Belastungsfolgen präventiv entgegenwirken sowie die Fluktuation senken. Hierbei werden kurzfristige Trainings- und langfristige Coachingmaßnahmen kombiniert, um die Kompetenzentwicklung der Mitarbeitenden und strukturelle Veränderung zu erzielen. Das Projekt wurde in mehreren Einrichtungen erprobt und evaluiert. Nähere Informationen zu dem Projekt finden Sie auf der Projektwebseite oder in diesem Artikel des Fachmagazins „Die Schwester/Der Pfleger‟. Weitere Praxisprojekte zum Themengebiet Mitarbeitendengesundheit finden Sie in unserer Projektdatenbank.
Linksammlung
- Jacobi, M., Michaelis, M., Drössler, S., Rösler, U.; Seidler, A. (2016):
Praxislernort Pflege – Anleiten zu einer gesundheitsgerechten Arbeit in der Pflege.
Berlin: Geschäftsstelle der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) c / o Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) (Hg.) - Initiative Neue Qualität der Arbeit (Hg.) (o. J.):
Gesunde Mitarbeiter – gesundes Unternehmen. Eine Handlungshilfe für das Betriebliche Gesundheitsmanagement.
Berlin: c / o Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
- Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (Hg.) (2020):
Gesundheit fördern – Strukturen entwickeln. In sieben Schritten zum betrieblichen Gesundheitsmanagement.
Hamburg: Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). - Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (Hg.) (2018):
Erschöpfung erkennen – sicher handeln. Wie Führungskräfte mit psychisch beanspruchten Beschäftigten professionell umgehen.
Hamburg: Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). - Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (Hg.) (2017a):
Gefährdungsbeurteilung in der Pflege.
Hamburg: Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). - Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (Hg.) (2017b):
Psychische Gesundheit im Fokus. BGW-Handlungshilfe zur Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastung in Kliniken.
Hamburg: Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). - Fuchs-Frohnhofen, P.; Scheen, S.; Metzen, D.; Bessin, C.; Hammann, G.; Palm, G.; Bogert, B. (2019):
Gesunde Arbeitsbedingungen in Pflegeinrichtungen: Handlungsanregung für eine gelingende Verhältnisprävention in der stationären Altenpflege
Würselen: MA & T Sell & Partner GmbH. - Bendig, H. (2017):
Iga.Wegweiser. Gesundheit für Pflegekräfte im Berufsalltag. Empfehlungen für die betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention in der Pflege
Dresden: Zukunft der Arbeit GmbH.