Berufs(neu)orientierung
Schülerinnen und Schüler haben die Qual der Wahl – welcher Beruf passt zu den eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, welcher hat Zukunft und bereitet ein Leben lang Freude? Das herauszufinden ist für viele eine Herausforderung. Ab der 8. Klasse haben sie daher die Möglichkeit, durch Berufsorientierungspraktika verschiedene Berufe kennenzulernen.
Verschiedene Zuschreibungen prägen das gesellschaftliche Bild der beruflichen Pflege. Damit es gelingt, den Pflegeberuf in möglichst vielen Facetten darzustellen, sollte der Einblick während eines Berufsorientierungspraktikums nicht dem Zufall überlassen werden. Um Begeisterung für den Pflegeberuf zu wecken, ist daher eine gute Planung des Praktikumsverlaufs erforderlich. Die Rahmenbedingungen für ein positiv erlebtes berufsorientierendes Praktikum sind mit allen beteiligten Personen (Betrieb, allgemeinbildende Schule, Pflegeschule) zu planen, zu realisieren und zu reflektieren. Die inhaltliche Ausgestaltung und pädagogische Begleitung während der Praktika kann von Praxisanleitenden und Pflegepädagogen der Pflegeschule mit betreut werden. Darüber hinaus können alle Pflegefachpersonen durch einen wertschätzenden Umgang und hilfreiche Erläuterungen zu den Arbeitsabläufen dazu beitragen, dass die Praktikanten den Pflegeberuf für die eigene Berufswahl in Erwägung ziehen. Enge Absprachen sind sowohl in der Konzeptentwicklung als auch in der Durchführung und Nachbereitung der Praktika erforderlich.
Auch andere an dem Pflegeberuf interessierte Personen – beispielsweise im Rahmen einer beruflichen Umorientierung, nach der Phase der Betreuung und Erziehung der eigenen Kinder oder dem Abbruch eines Studiums – profitieren von einem strukturierten Pflegepraktikum. Diese Personengruppen haben andere Fragen und Anliegen. Die Aspekte können im Rahmen des Praktikums thematisiert werden, damit eine berufliche Neuorientierung und die Ausbildung zur Pflegefachfrau bzw. Pflegefachmann gelingen kann.
Zentrale Projektergebnisse
- Folgende Merkmale werden mit dem Pflegeberuf in Verbindung gebracht:
- Der Pflegeberuf wird zwar als sinnstiftend erachtet, doch das Berufsbild beruflicher Pflege in der Öffentlichkeit ist verzerrt und unscharf, sowohl inhaltlich (Tätigkeiten) als auch über die Rahmenbedingungen (zum Beispiel Gehalt).
- Das traditionelle, historische gewachsene Berufsverständnis („aufopferungsvolle Hilfstätigkeit“) wirkt bis heute nach.
- Aspekte wie Fachlichkeit und Wissenschaftlichkeit werden häufig nicht mit dem Pflegeberuf in Verbindung gebracht.
- Es gibt unterschiedliche Wege, mit dem Pflegeberuf in Berührung zu kommen. Persönliche Erfahrungen sind ein ausschlaggebender Faktor, eine Pflegeausbildung zu beginnen.
- Das Praktikum stellt eine Brücke in den Beruf dar.
- Eine systematische Planung und Auswertung der Praktika sowie die pädagogische Begleitung von Praktikantinnen und -praktikanten in der Pflege kann zur gezielten Akquisition von Auszubildenden genutzt werden.
Handlungsempfehlungen
- Erarbeiten Sie ein Konzept für ein strukturiertes Berufsorientierungspraktikum unter Einbezug der verantwortlichen Personen der allgemeinbildenden Schulen, des Betriebs und der Pflegeschule.
- Erarbeiten Sie darüber hinaus ein Konzept für strukturierte Pflegepraktika für alle weitere interessierten Personen (z. B. Umschüler*innen, Studienabbrecher*innen).
- Nutzen Sie für die inhaltliche und pädagogische Ausgestaltung und Begleitung die Expertise Ihrer Praxisanleiter*innen.
- Behalten Sie die Qualität der angebotenen (Berufsorientierungs-)Praktika durch den Einsatz von Feedbackbögen und Auswertungsgesprächen im Blick.
- Bleiben Sie nach dem Ende des Pflegepraktikums mit den Praktikantinnen und Praktikanten in Kontakt. Informieren Sie beispielsweise regelmäßig über betriebsinterne Events und Ausbildungsmöglichkeiten.
Dateien zum Download
Checkliste strategisches Praktikumsmanagement
Allgemeinbildende Schule
- Das Zeitfenster für das Praktikum ist abgestimmt.
- Vereinbarungen mit den betreuenden Personen sind getroffen (Praktikumsvereinbarung).
- Eine Hospitationsmöglichkeit für Lehrer*innen wird angeboten.
- Die Anforderungen an das Praktikum wurden zwischen Schule und Einrichtung abgestimm
Betrieb
- Praxisanleiter*innen oder andere betreuende Personen können einen Teil ihrer Arbeitszeit für die Berufsorientierungspraktika verwenden.
- Die Betreuung und Aufsicht für die Praktikanten sind geklärt und in der Einrichtung bekannt.
- Die Dienstplangestaltung der Auszubildenden ist auf die der Praktikanten abgestimmt.
- Die Interessensvertretungen sind einbezogen.
- Ein Hospitationstag für Lehrer*innen der allgemeinbildenden Schule wird angeboten.
- Qualitätsmerkmale für ein erfolgreiches Berufsorientierungspraktikum sind festgelegt und werden regelmäßig überprüft.
- Das Betriebspraktikum ist regelmäßig Thema der Öffentlichkeitsarbeit.
Pflegeschule
- Die Integration in den praktischen Ausbildungsplan ist sichergestellt, eine vorbereitende Lern- und Arbeitsaufgabe für die Einführungssequenz in das Berufsorientierungspraktikum wird durch die Auszubildenden bearbeitet und mit dem zuständigen Praxisanleiter in der Praxis besprochen.
- Die Dienstplangestaltung der Auszubildenden ist auf die der Praktikanten abgestimmt.
- Eine Praxisanleitung für die Auszubildenden findet vor dem Praktikumsbeginn der Schüler*innen statt.
- Das Projekt „Auszubildende leiten Praktikant*innen an‟ ist regelmäßig Thema der Öffentlichkeitsarbeit.
Checkliste Operatives Praktikumsmanagement
Allgemeinbildende Schule
- Die Ziele des Lehrplans der allgemeinbildenden Schulen zum Thema „Berufsorientierung“ sind mit dem Praktikumsplan des Betriebs abgeglichen.
Betrieb
- Ein Praktikumsplan ist erarbeitet und in die Arbeitsabläufe und Prozesse integriert.
- Eine Praktikumsvereinbarung liegt unterschrieben vor.
- Im Dienstplan ist die Begleitung der Praktikanten und die Praxisanleitung (sowie die Zusammenarbeit zwischen Auszubildenden und Praktikantinnen) berücksichtigt.
- Das Team ist informiert.
- Ein Spind, die Arbeitskleidung und das Namensschild sind organisiert.
Pflegeschule
- Ein Praktikumsplan mit ausgewiesenen Aufgaben der Auszubildenden liegt vor.
- Reflexionsaufgaben für die anleitenden Auszubildenden sind formuliert.
- Die Auszubildenden kennen bereits die Namen der ihnen zugeteilten Praktikantinnen Praktikanten und wissen, von welcher Schule sie kommen.
Checkliste Durchführung
Betrieb
- Der Ablauf des ersten Praktikumstags ist festgelegt.
- Wichtige Termine, wie das Erst- und Abschlussgespräch und die Praxisanleitung, sind festgelegt.
- Ziele und Inhalte des Praktikums wurden festgelegt.
- Die Modalitäten des Praktikums sind mit der allgemeinbildenden Schule abgesprochen.
- Das Abschlussgespräch umfasst ein beidseitiges Feedback.
- Ein aussagekräftiger Praktikumsnachweis bescheinigt den Schülern das Praktikum.
- Bei Eignung und Interesse für die Ausbildung werden die für einen Ausbildungsvertrag erforderlichen Schritte mit der Pflegeschule und Personalabteilung abgesprochen.
- Eine Person des Betriebs oder der Pflegeschule bleibt mit dem zukünftigen Auszubildenden bis zum Ausbildungsbeginn in Kontakt.
Pflegeschule
- Die Integration der Auszubildenden in das Praktikum ist festgelegt und wird sichergestellt.
- Absprachen mit der Pflegeschule und den Auszubildenden werden eingehalten.
- Die Auszubildenden erhalten Feedback von den Praxisanleiterinnen.
Checkliste Nachbereitung
Allgemeinbildende Schule
- Eine regelmäßige Rückmeldung in Bezug auf die Kooperation und die Ziele der Schule und des Betriebs findet statt.
Betrieb
- Informationen zu Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten im Bereich Pflege, weiteren Praktikumsangeboten/FSJ und betrieblichen Neuigkeiten/Veranstaltungen wurden weitergegeben.
- Rückmeldungen der Praktikantinnen und Praktikanten werden zur Verbesserung des Praktikums herangezogen.
Pflegeschule
- Eine Evaluation hinsichtlich des Nutzens des Projekts „Auszubildende leiten Praktikant*innen an“ für die Auszubildenden zur Pflegefachfrau / zum Pflegefachmann wurde durchgeführt.
Projektbezogene
Publikation
Mohr J., Reiber K. (2022):
Auszubildendengewinnung und Ausbildungsgestaltung im Pflegeberuf – eine laufbahnbezogene Perspektive auf den Lernort Praxis.
In Bellmann L.; Ertl H.; Gerhards C.; Sloane P. (Hg.): Betriebliche Berufsbildungsforschung. Beiheft der Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Stuttgart: Steiner, S. 97-121.
Weiterführende
Informationen
Allianz für Aus- und Weiterbildung (2017):
Die Qualität im Blick: Das Betriebspraktikum von Schülerinnen und Schülern weiterentwickeln. Empfehlungen der Partner der Allianz für Aus- und Weiterbildung.
Berlin: Allianz für Aus- und Weiterbildung.
Berliner Bündnis für Altenpflege (2016):
Leitfaden Pflegepraktikum. ein Angebot für Pflegeeinrichtungen zur erfolgreichen Durchführung von Praktika. Hg. v. ArbeitGestalten Beratungsgesellschaft mbH.
Berlin: Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen.
Bundesagentur für Arbeit (2018):
Checklisten für ein erfolgreiches Schülerbetriebspraktikum
Berlin: Bundesagentur für Arbeit und Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT Deutschland.
Deutscher Industrie- und Handelskammertag (2019):
Schülerpraktikum. Ein Leitfaden für Unternehmen. Unter Mitarbeit von Elisabeth Bartke.
Berlin: Deutscher Industrie- und Handelskammertag.
Literaturangaben
[1] Ostendorf, A.; Dimai, B.; Ehrlich, C. (2018):
Den Lernraum Betriebspraktikum gemeinsam öffnen. Anspruch und Werkzeuge einer konnektivitätsorientierten Praktikumsdidaktik.
Innsbruck: Innsbruck University Press.
[2] Allianz für Aus- und Weiterbildung (2017):
Die Qualität im Blick: Das Betriebspraktikum von Schülerinnen und Schülern weiterentwickeln. Empfehlungen der Partner der Allianz für Aus- und Weiterbildung. Hg. Allianz für Aus- und Weiterbildung.
bm.rlp.de/fileadmin/bm/Bildung/BSO/verlinkte_Dateien/Allianz_fuer_Aus-_und_Weiterbildung_-_Schuelerbetriebspraktika.pdf
[3] Bundesagentur für Arbeit (2018):
Checklisten für ein erfolgreiches Schülerbetriebspraktikum. Hg. Bundesagentur für Arbeit und Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT Deutschland.
www.arbeitsagentur.de/datei/checkliste-schuelerpraktikum_ba018174.pdf
[4] Deutscher Industrie- und Handelskammertag (2019):
Schülerpraktikum. Ein Leitfaden für Unternehmen. Unter Mitwirkung von Elisabeth Bartke. Deutscher Industrie- und Handelskammertag. Berlin.
www.dihk.de/resource/blob/7770/3b298d89762c5fe4507370c860dd1f13/leitfaden-schuelerpraktikum-data.pdf
[5] Berliner Bündnis für Altenpflege (2016):
Leitfaden Pflegepraktikum. Ein Angebot für Pflegeeinrichtungen zur erfolgreichen Durchführung von Praktika. Hg. ArbeitGestalten Beratungsgesellschaft mbH.
www.arbeitgestaltengmbh.de/assets/Uploads/Leitfaden-Praktikum-Pflege2.pdf